Michael Göbel
Roundabout

19.02. – 10.04. 2022

DO FR 16 – 19
SA SO 13 – 17

Roundabout
 
Michael Göbel zeigt die Skulptur Roundabout, eine Plastik in Form eines Karussells. Keines mit Elefant und Reitpferd, Kutsche und Clown. Ein Kettenkarussell mit Sitzbrettern. Ohne Zutaten, ohne Personen. Die Skulptur erinnert gedanklich an Leichtigkeit, an Genuss, an Geschwindigkeit, an Schwerkraft.
Doch liegt sie nun am Boden. Massig. Gegroundet. Still. Bewegungslos.
 
Roundabout. Sich um seine eigene Achse drehend heisst Überblick haben. Sich den Blickwinkel von 360° erobern. Mit anfänglich sanfter Geschwindigkeit ist es ein süsser Genuss. Mit fortgesetztem Tempo führt die Bewegung zu Trance oder zum Schwindel. Bei weiterer Tempoverschärfung zur Ohnmacht, zum Trauma.
 
Bei mechanischer Unstabilität crasht das Gefährt, es groundet. So sehen wir es hier vor uns. Zwar glänzend rot lackiert, noch wie neu, aber am Boden liegend. Sinnbildlich für unsere in jüngster Vergangenheit erlebte Zeit. Sinnbildlich für unsere Gesellschaft. Wir geniessen das Schweben in der Zeit, das unermüdliche Kreisen um unser eigenes Zentrum herum. Das Vertrauen in das immer wiederkehrende Gleiche.
 
Als Kind erfreuten wir uns auf dem Jahrmarkt, den sich im Kreise fahrenden Freundinnen nachzusehen. Später als Erwachsene verfolgen wir mit Spannung dem rasanten Rennen hochgetriebener, PS starker Rennmotoren, immerzu kreisend auf den berühmtesten Formel 1 Rundstrecken dieser Welt. Derselbe Mechanismus. Derselbe Ablauf. Dieselbe Begierde. Dieselbe Euphorie.
 
Ihr Gegenentwurf dazu: die rituellen Tänze der Derwische. Ihr Tanz ein unendliches Kreisen um die eigene Achse, um zu einer erhöhten Stufe der Erkenntnis zu gelangen.
Die Gebetsmühle im tibetischen Buddhismus, das Sammeln von gutem Karma.
In unserer Welt: die Liturgie, welche den immer gleichen Ablauf der katholischen Messe bestimmt.
Sie alle geben Halt, geben Hoffnung, geben Zuversicht.
Befreiung, Glückseligkeit.